Teil 3 Marrakech
… nach kurzer O-Saft Pause gaukel ich also über den Gaukler-Platz. … gaukeln ist die falsche Bezeichnung. Immerhin gabs keinen Wein für mich. Ich stürz mich also ins Gewusel. Es ist laut, und voll, wird immer voller, überall Artisten, Stände, Essen, Musik, Rikschas, Wasserträger, Tiere. Es könnte einen durchaus erschlagen. Mich nicht. Nochmal, es ist wie ich es mir vorgestellt habe. Das krasseste, es ist hier jeden Tag so. Jeden Tag! Also nicht nur wochenends, sondern immer. Das Leben findet auf diesem Platz statt!
Überall gibt es große Gruppen, große Männeransammlungen. Menschenansammlung kann man nicht sagen. Das würde ja auch Frauen beinhalten und Frauen gibt’s hier eher weniger. Natürlich Touristinnen. Aber der Marokkaner ist hier eher unter Männern. Die erste Ansammlung schart sich um irgendwas, was ich nicht sehen kann. Größer zu sein, als ich mit Flip Flops, ist nicht schwer und vor mir stehen mindestens 5-6 Reihen Mannsbilder. Es ist nun auch nicht grad so, dass der arabische Mann höflich zur Seite tritt, wenn eine Frau neben ihn drängelt. Er sieht dich eher an wie ne Mondkuh. Ich habe also keine Ahnung was in der Mitte dieser Menschen äh… Männertraube zu sehen ist. Als ich ne Gruppe Jungs frage, was es denn da gibt, werd ich angeschaut wie 5 Mondkühe. Eine Antwort krieg ich nicht. Ich bin also nicht dahinter gekommen und gehe weiter. Erst viel später ist mir gekommen, dass mich die Typen vielleicht auch einfach nicht verstanden hatten. Immerhin hatte ich auf Englisch gefragt. Andererseits können die sich ja denken was ich wollte oder sie dachten echt ich bin ne Mondkuh.
Der nächste Show-Act war dann Fanta-Flaschen angeln. Ja, richtig gelesen und ich richtig gesehen. In der Mitte stehen jede Menge Kästen mit Fanta oder Cola, drum herum wieder Männer mit riesen Angeln und damit wird dann versucht ne Flasche zu angeln. Anzunehmen, dass sie die dann trinken dürfen. Fragen hab ich diesmal gleich sein lassen. Erst fands ich ja süß, dass g´standene Mannsbilder wie diese Araber hier Fanta-Flaschen angeln. Ist ja doch eher was für nen 7. Kindergeburtstag. Aber andererseits, wenn man in München am Marienplatz Bierflaschen angeln dürfte, würde das wohl auch mega ankommen und wie ich ja schon festgestellt hab, gibt’s in Marrakech innerhalb der königlichen Mauern keinen Alkohol. Also dann halt Fanta.
Der nächste Artist war mir dann ein Foto wert. Wieso grad der, weiss ich auch nicht. Fanta-Flaschen fischen war mir nicht spektakulär genug. Der Typ war wenigstens zu sehen. Er muss auf ner Leiter oder nem Stuhl gestanden haben. Auf ihm 7-8 Tauben. Was er mit denen gemacht hat, weiß ich nicht, war mir auch wurscht. Den 300 Mannsbildern drum rum nicht, die waren wie geflasht. Ich weiß nur, dass immer mal ne Taube wegflog und offensichtlich wieder kam. Vielleicht der Tauben-Flüsterer? In jedem Fall hat man Tauben in München auch genug und die kommen auch immer wieder, also wars das Bild eigentlich nicht wert. Trotzdem hob ich das Handy und hab geknipst. Es wird max. 2 Sekunden gedauert haben. Eine Sekunde später hängt mir ne Käppi im Gesicht in die ich nun bitteschön Geld reinzuwerfen hab. Der Typ hat also trotz seiner 8 Tauben und 300 Mann um sich, absolute Adleraugen und erkennt ein knipsendes Iphone aus einiger Entfernung. Ein kurzer Pfiff, den ich sogar gehört hab, und schon steht einer seiner Burschen vor mir und will Kohle. Gott- oder Allahseidank zieht er wieder ab ohne zu sehen was ich reingeschmissen hab. Ich hatte nämlich kaum mehr was. Und er hat den Marokkaner neben mir auch abkassiert. Der hatte auch geknipst. Zahlen tut man dann. Wenn sich 300 Männer zu dir umdrehen, dunkel und bärtig, weil ich die Show mit meinem Foto unterbrochen hab, dann weigert man sich besser nicht. Zumindest hatte ich das in dem Moment nicht vor. Schnell weg hier!
Kaum umgedreht, bot mir dann einer dieser Wasserträger ein Foto mit sich an. Hübsches Kostüm oder Uniform mit lauter goldenen Schalen dran aus denen sie anscheinend Wasser zum trinken anbieten. Wär das Foto viel eher wert gewesen, statt den depperten Tauben, aber weil ich fast noch bißchen aufgeregt bin, wegen dem Tauben-Typen lehn ich lieber mal ab.
Next Stopp sind dann die Cobras die vor mir auf der Strasse liegen. Jetzt kenn ich das Spiel ja und frag den Kerl, ob ich ein Foto machen darf „aber natürlich, nur zu“. Was es denn kostet, will ich wissen – „soviel wie du geben magst – no problem“. Ach, das ist ja nett, also knips ich aus sicherer Entfernung seine Schlangen. Dann will er mein Iphone. Ich zöger kurz. Nen Marokkaner am Gauklerplatz mit einer Million Leuten um mich rum, nun mein Iphone in die Hand drücken, find ich erstmal keine so coole Idee. Aber ich vertraue auf die Menschheit und machs trotzdem. Er macht ne kleine Session mit mir, ich soll mich direkt hinter die Schlangen knien. So genau hätte ich´s mit dem Foto nicht gebraucht. Ich hab nämlich ziemlich Respekt vor den Viechern. Dass die anscheinend schockgefrostet sind und nur langsam reagieren können, hatte ich da noch nicht gewusst. Auch das lass ich einfach mal geschehen und fahre nach dem Motto „es werd schon nicht grad ich von der Kobra gefressen“. Die Kobra sieht mich direkt an, mein Lächeln ist auch schockgefrostet, da schnipst er sie mit dem Finger an so dass Frau Kobra sich aufrichtet. Ich will schon sagen, ob er noch ganz dicht ist, immerhin hock ich direkt dahinter. Mit meiner Keramikschale, dem silbernen Aschenbecher, Flip Flops und 3 Strandtüchern springt man nach 4 Stunden Schlepperei nimmer so schnell auf die Beine! Aber er weiß was er tut und die Kobra lächelt nun ins Iphone. Schönes Bild.
Er gibt mir mein Handy zurück und will plötzlich 400 Dirham. 400 Dirham sind 40€. Ich glaub der spinnt. Ich geb ihm 2. Und dann geht das Gestreite und Gezeter los. Dumm oder gottseidank hab ich tatsächlich keine weitere marokkanische Kohle mehr. Ich zeig ihm meinen leeren Geldbeutel und das rettet mich zum Glück. Ich beteuer auf seine Ansage, dass ich dann in Euro zu zahlen hab, dass ich hier keine Euro dabei hab. Das zumindest war gelogen. Aber in meinem (kleinen) Geldbeutel war Ebbe und so hat er es mir wohl glauben müssen. Ein Hoch auf meinen kleinen Partygeldbeutel!
Für heute also genug von Fotos. Das ist dann durchaus stressig. Jetzt bin ich fertig mit dem Gauklerplatz und den ganzen Heinis. Dreh ich mich um, steht tatsächlich den Rest meiner Truppe vor mir und ich fühl mich wie zuhause. 😊 Pünktlich mit Taxi Mohammed gibt’s auch den Muezzin Ruf, die Sonne geht unter, der Gauklerplatz füllt sich immer mehr, aber wir sind für heute fertig.
Der Feierabendverkehr in Marrakech kanns dann mit dem Münchner Mittleren Ring abends um halb 6 aufnehmen. Wir stehen sauber im Stau. War zu erwarten, wenn nach dieser Woche auch schon sehr ungewohnt. Yoga gibt’s heute eh keines mehr, dazu ist in Marrakech die Zeit zu knapp. Ein Abendessen, 2 Weinchen und dann in die schicke Hotel-Bar mit Karin und Maria. Nochmal in die Nacht zu ziehen, das schaffen wir doch nicht. Das frühe Aufstehen, der ereignisreiche Tag, das reicht uns!
Dank Marias Nachfrage welche Art von Alkohol in unserem Cocktail sein soll, schenkt der Barkeeper ohne zu antworten nach. Das werd ich mir merken! Nicht fragen, ob was drin ist oder ob er nachschenken kann, sondern was da drin sein soll. Schon hat er gecheckt, das reicht den Damen offensichtlich nicht. Maria, du bist in vielerlei Hinsicht ein Vorbild. Von dir kann ich noch viel lernen!
Schlafen konnte ich in dieser Nacht zum ersten Mal in dieser Woche nicht. Wenn auch komplett KO, war ich viel zu aufgewühlt. Die Magie Marrakechs hat mich zu sehr in ihren Bann gezogen. Marrakech zu wild, zu laut, zu besonders. Hat mich so gefesselt wie erwartet. Und daher hatte ich auch erwartet, dass ich schlecht schlafen werde. Halb so wild, schlafen kann ich zuhause. Gell Maria?